Florian Aigner erklärt sehr schön, welche Bewandtnis es mit den seltsamen Zufällen hat: „Dabei passiert jeden Tag so viel Zufälliges auf dieser Welt, dass immer etwas höchst Unwahrscheinliches geschehen muss.“ (Der Zufall, das Universum und du)
Wie Florian Aigner so glaube auch ich nicht an höhere Mächte, die uns die seltsamen Zufälle bescheren. Aber ihren Unterhaltungswert haben diese merkwürdigen Zusammentreffen von Ereignissen dennoch. Ich könnte sie schön erzählen, fände ich nur Menschen, die mir zuhören würden. Darum schreibe ich ein paar dieser Geschichten halt auf.
Telefone, mit denen man Telefonnummern wählen musste
Eine Geschichte, die lang her ist, spielte im Freundeskreis: Ich war mit Michaela und Anita befreundet. Eines Abends wollte Anita die Michaela anrufen. Damals gab es noch – nein! – ausschließlich! – richtige Telefone, mit denen man die Telefonnummer wählen musste, um mit der gewünschten Person verbunden zu werden. Die Anita hatte sich verwählt und zufällig die Telefonnummer meiner Großmutter gewählt. Zufällig war ich gerade bei meiner Großmutter zu Gast und stand neben dem Telefon als es läutete. Ich hob ab und meldete mich mit meinem Namen. Anita wunderte sich, da sie meinte, ich sei bei der Michaela. Als ich sagte, ich sei bei meiner Großmutter, glaubte die Anita ich würde scherze. Es dauerte eine Weile, bis wir den Sachverhalt aufklären konnten.
Telegramm
Oder nehmen wir Jo Adlbrecht. Ich war bei ihm zu Gast. Er hatte den/das Radio laufen. Gerade als im Radio der Song „Telegram Sam“ von T. Rex lief, klingelte es an der Tür. Es war der Telegramm-Bote, der ein Telegramm für Jo hatte.
Zur näheren Erklärung für jüngere Leute: Telegramme nannten sich Kurznachrichten, die man am Postamt abgeben konnte. Dann wurden die Nachrichten an das Zielpostamt übermittelt, z.B. per Telefon. In diesem Postamt gab es einen Telegramm-Boten. Der schrieb die Nachricht auf einen Zettel – ein Telegramm – und setzte sich sofort aufs Moped oder Fahrrad und brachte das Telegramm an den Empfänger.
„Soulfinger“
Oder nehmen wir die Band „Soulfinger“. Ich war dereinst bei einer Vernissage, zu der Chrono Popp die Musik beisteuerte. Gemeinsam mit zwei Sängerinnen spielte er Soul- und Funk-Klassiker und ich war begeistert. Am Schluss sagte Chrono Popp, dass das hier ein Teil einer größeren Band sei. Die Band heiße „Soulfinger“ und spiele am [Datum] im Reigen in Wien.
Mit der Erfindung von SMS und E-Mail wurde die Kulturtechnik des Telegramm-Versendens obsolet. Und mittlerweile sind auch schon viele Postämter aufgelöst worden und Telegramm-Boten müssten – wenn es sie noch gäbe – sehr weite Wege zurücklegen.
Wenige Tage danach war ich bei entfernten Bekannten zum Essen eingeladen. Ich fragte in die Runde, ob jemand die Band „Soulfinger“ kenne. „Ja“, sagte der Gastgeber: „Ich bin der Bassist“.
Diese Geschichte erzählte ich einer Freundin, Karin, und sie erzählte sie einem Freund, Thomas. Da eröffnete ihr Thomas, dass er auch in der Band „Soulfinger“ spiele.
Mein Blut
Oder nehmen wir mein Blut. Über einen Freund in Zürich, lernte ich eine Ärztin aus Wien kennen, die gerade über Medikamente gegen Allergien forschte. Dazu brauchte sie Blutproben von Leuten mit Allergien. Ich erklärte mich bereit – und in einem Labor wurde mir – ziemlich viel, wie mir vorkam – Blut abgezapft und in mehrere Röhrchen abgefüllt.
Viele Monate später rief mich Karin – die von der oberen Geschichte – an. Sie habe ihren ersten Arbeitstag in einem Labor gehabt und auf ihrem Arbeitstisch seien die Röhrchen mit meinem Blut gestanden. Normalerweise werden die Namen der Spender anonymisiert. Aber auf diesen Röhrchen klebten Etiketten mit meinem Namen drauf.
Das Lederarmband
Die nächste Geschichte handelte in Spanien, in Conil de la Frontera. Ich wanderte vom Bahnhof zum Campingplatz und fand neben dem Weg ein Lederarmband. Obwohl es mir nicht gefiel, steckte ich es in meine Tasche.
Später am Abend lernte ich am Campingplatz vier junge Frauen aus Deutschland kennen. Eine erzählte: „Es wäre so ein schöner Tag gewesen, wenn ich nicht mein Lederarmband verloren hätte.“ Ich holte das Armband aus der Tasche und fragte: „Ist es dieses?“ Und tatsächlich: Es war es.
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