Vor vielen tausend Jahren wohnte ich eine Zeit lang am Margaretenplatz in Wien. In der Zeit kaufte ich zwei- bis dreimal in der Woche Brot in immer der selben Bäckerei. Anfangs verlief der Dialog zwischen der Verkäuferin und mir so: „Guten Tag“ – „Guten Tag, bittesehr?“ „Ein halbes Kilo Mischbrot bitte“ – „Bitteschön. Macht zwölf Schilling. – Danke. – Auf Wiedersehen“ – „Auf Wiedersehen.“
Da ich immer genau ein halbes Kilo Mischbrot kaufte, verkürzte sich der Dialog bald auf „Guten Tag“ – „Guten Tag. Ein halbes Misch?“ – „Ja, bitte“ – „Bitteschön. Macht zwölf Schilling. – Danke. – Auf Wiedersehen“ – „Auf Wiedersehen.“
Wenn ich das Geschäft betrat wusste die Verkäuferin, was ich kaufen wollte und ich wusste, was das kosten werde. Ich überlegte schon, hin und wieder was anderes zu kaufen, um die Gesprächskultur zu intensivieren. Aber das Mischbrot war genau das, was mir am liebsten war. Manchmal, wenn die Verkäuferin gerade im Gespräch mit einer anderen Kundschaft war, begnügten wir uns damit, zu grüßen. Sie legte mir „ein halbes Misch“ auf das Pult und ich legte zwölf Schilling auf die Geldtasse.
Als ich einen Schaffner bestrafen musste
Wo ich allerdings absichtlich schwieg, das war vor wenigen tausend Jahren, als ich einen Schaffner bestrafen musste. Ich fahre täglich mit dem Zug und kann bestätigen, dass die meisten Schaffner ausgesprochen freundlich sind. Allerdings: Auf zirka tausend freundliche Schaffner kommt ein unfreundlicher. Ich hatte damals eine „Presse-Vorteilskarte“, mit der man mit Zweite-Klasse-Fahrkarten auch in der Ersten Klasse fahren durfte. Wenn ein Schaffner nicht genau schaute, dann sagte er meist: „Sie haben eine Zweite-Klasse-Fahrkarte. Möchten Sie aufzahlen oder wollen Sie in die Zweite Klasse wechseln?“ Dann konnte ich ihn darauf hinweisen, dass ich eine „Presse-Vorteilskarte“ hatte und der Schaffner meinte etwa „Ah ja, stimmt.“ Ein Schaffner allerdings reagierte anders: Ich zeigte ihm Fahrkarte und „Presse-Vorteilskarte“. Darauf begann er ohne etwas zu sagen in sein Tippding zu tippen. Ich dachte mir: „Jetzt druckt er bestimmt eine Aufpreiskarte. Aber wenn er nichts sagt, sage ich auch nichts.“ Nach dem Tippen kam mit Ratterpiepsgeräuschen die Karten aus dem Tippding. Der Schaffner riss sie ab und sagte: „Das macht soundsoviel Euro.“ Ich zeigte ihm noch einmal meine „Presse-Vorteilskarte“ und er meinte daraufhin „Des hed ma uns spoan kena“. „Das stimmt“, dachte ich mir, „sprich nur ein Wort.“