Nussschalenkipferl

Das war eine meiner größten Fehlentscheidungen: Ich war in der Hauptschule Seitenstetten zu Gast und die Direktorin bot mir eine Topfengolatsche und ein Nusskipferl an. Ich wählte das Nusskipferl.
Bereits beim ersten Abbeißen macht es „Kracks!“ und ich hatte mir schmerzhafterweise an etwas Hartem im Kipferl – vermutlich einer Nussschale – einen großen Teil eines Zahns ausgebissen. Der Zahnarzt meines Vertrauens gab mir gleich einen Behandlungstermin und nach der zweiten Behandlung empfahl er mir, eine Krone einbauen zu lassen. Diese würde aber 700 Euro kosten.
Am nächsten Tag schickte ich ein Mail an die Konditorei Schadauer, von der das Nussschalenkipferl stammte, schilderte meinen Fall und fragte an, ob die Konditorei die 700 Euro übernehmen wolle. Da ich keine Antwort bekam, rief ich den Chef der Konditorei an. Er meinte, er habe das Mail zwar an die Versicherung weiter geleitet, aber ich solle mir keine Hoffnung machen. „Schließlich kann man auch nicht den Installateur [sic!] verklagen, wenn ein Ziegel vom Dach fällt“, dozierte er und wenn ein Zahn kaputt sei, dann sei er halt kaputt. Und es sei ganz normal, dass sich in Nusskipferl auch Nussschalen befinden, denn die könne man halt nicht herauskletzeln. Und er habe auch schlechte Zähne und 700 Euro könne er sich nicht leisten. Er fand auch keine Worte, sich auch nur pro forma zu entschuldigen oder kam auf die Idee, mir als symbolische Entschädigung eine Buttersemmel zu spendieren.

Hätte ich statt des Nussschalenkipferls die Topfengolatsche gewählt, wäre mir all das erspart geblieben. Aber wer weiß, was man alles „normalerweise“ im Topfen vorfinden würde. Das tropfenförmige Etwas, das beim Bleigießen im vorigen Jahr entstand und dann auf einmal nicht mehr zu finden war? Das Gebiss der Oma, die sich sicher war, dass sie es irgendwo in der Backstube hingelegt hat? Die Dose mit der Hämorrhodien-Salbe, die der Chefbäcker gerade noch in der Hand hatte? Die Trillerpfeife des Juniors, an der er sich fast verschluckt hätte, hätte ihm nicht der Bäckerlehrling beherzt auf den Rücken geschlagen, woraufhin dem Junior die Pfeife aus dem Mund irgendwohin flog? Die Nachbarskatze, die gern in der Backstube herum strich und eines Tages nicht mehr nach Hause kam? Ich werde es nie erfahren.

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